Vertrauen, Führung + Transformation – was Organisationen in Bewegung bringt

Vertrauen, Führung + Transformation – was Organisationen in Bewegung bringt

Wissen

Wie gelingt Veränderung, wenn sich Strukturen wandeln, Verantwortung neu verteilt wird und Führung plötzlich anders funktioniert? In der be-smarter Session mit Pascal Dulex ging es um Vertrauen, Selbstorganisation und die Kunst, Räume für Entwicklung zu öffnen – für Menschen wie für ganze Unternehmen.

Im Rahmen der be-smarter Workshopreihe hat Pascal Dulex von den Transformation Architects unseren Unternehmer*innen ein besonderes Angebot gemacht. Sein Webinar stand unter dem Titel: «Schluss mit Antworten auf Fragen, die keiner hat – wir reden über deine.» Der Titel war Programm. Statt über allgemeine Konzepte zu sprechen, ging es um echte Fragen aus dem Alltag der Teilnehmer*innen – über Vertrauen, Verantwortung und die Kunst, Veränderung zu gestalten. Die Themenvielfalt war gross und die Zeit zu knapp, um alles auszuleuchten. Und trotzdem blieb viel Raum für inspirierende Impulse – zum Wirkenlassen und Weiterdenken.ozent) von der Berner Fachhochschule spannende Einblicke in ihre Forschung rund ums Thema Crowdfunding (CF) für nachhaltige Unternehmen gegeben. Klar ist: Wer seine Crowdfunding-Geschichte authentisch, mit persönlicher und intensiver medialer Begleitung auf Social Media erzählt und Zweck und Ziel präzis formulieren kann, hat mehr Erfolg.

Vom Raum, der Veränderung möglich macht

„Transformation beginnt dort, wo Macht Raum gibt“, sagt Pascal Dulex gleich zu Beginn. Veränderung gelingt nur, wenn diejenigen, die Verantwortung tragen, diesen Raum bewusst öffnen – nicht zwingend, um ihn zu füllen, sondern um Bewegung zuzulassen.

Dies erlaubt Wandel von unten. Teams entwickeln Ideen, wollen Neues ausprobieren – und stossen an starre Strukturen, wenn die Offenheit auf oberster Ebene fehlt. Da wird aus Aufbruch schnell Frustration. Wer Veränderung erfolgreich gestalten will, muss verschiedene Dimensionen berücksichtigen:

  • das Produkt oder die Dienstleistung – den Wert, den die Organisation schafft
  • die Struktur und Macht – wie Verantwortung und Entscheidungen verteilt sind
  • die Kultur – wie Menschen zusammenarbeiten, kommunizieren und lernen
  • das Individuum – die persönliche Entwicklung jeder einzelnen Person  

Diese Dimensionen wirken immer zusammen. Transformation im Grossen heisst immer auch Transformation im Kleinen.

Vertrauen als Führungsarbeit

Als Nicole erzählte, dass ihr Partner nach der Geburt ihres Kindes vorübergehend die Führung ihres Teams übernommen hatte, entstand ein intensiver Austausch über Vertrauen. Ihr Partner kommt aus dem Ausland, kennt die Kultur und Sprache des Unternehmens noch nicht – und doch trägt er nun Verantwortung für elf Personen.

Pascal machte deutlich, dass persönliches Vertrauen und berufliches Vertrauen nicht dasselbe sind. Im Privaten ist Vertrauen oft selbstverständlich – im beruflichen Kontext muss es sich erst entwickeln. Es wächst über Verlässlichkeit, über klare Absprachen und über Zeit. Gerade in Phasen der Veränderung ist es entscheidend, Vertrauen bewusst zu gestalten, statt es als gegeben vorauszusetzen.

Pascal sprach in diesem Zusammenhang auch über die besondere Rolle von Quellpersonen. Mit „Quelle“ ist jene Person gemeint, die am Ursprung einer Initiative, eines Projekts oder einer Organisation steht. Sie ist Hüterin der Vision und prägt Kultur, Werte und Haltung oft stärker, als ihr selbst bewusst ist. Wenn eine Nachfolge oder Übergabe ansteht, kann diese Perspektive helfen, die Verantwortung an die Nachfolge gut zu planen und sichtbar zu übergeben. Ein solcher Akt markiert symbolisch den Übergang – und ermöglicht, dass die Verantwortung wirklich bei den Nachfolgenden ankommt.

Führung neu denken – zwischen Hierarchie und Selbstorganisation

Selbstorganisation heisst nicht „ohne Führung“. Im Gegenteil - es braucht mehr Bewusstsein dafür, wie Verantwortung geteilt wird.
In holokratischen oder soziokratischen Systemen werden Entscheidungen durch Rollen statt durch Positionen getragen. Eine Rolle ist der „kleinste sinnvolle Verantwortungsbereich“ einer Organisation. So entsteht Klarheit, wer worüber entscheidet – und gleichzeitig mehr Raum für Eigeninitiative.

Mit wachsender Komplexität werden transparente Prozesse sehr wichtig. Bei FREITAG, wo Pascal früher gearbeitet hatte, wurde dafür ein Levelsystem eingeführt, das Rollen nach strategischem Einfluss und Komplexität einordnet – etwa für Lohnmodelle oder Entscheidungswege. Die Mitarbeiter*innen wissen welchem Level jede Rolle zugeordnet ist. So sind beispielsweise Löhne nachvollziehbar, auch wenn sie nicht vollständig offenliegen.

„Gerechtigkeitsempfinden ist eines der sensibelsten Themen in jeder Organisation“, so Pascal. „Deshalb braucht es Beteiligung, Nachvollziehbarkeit und Entwicklung – statt perfekte Lösungen von Anfang an.“

Beispiele aus der Session

Schlaf + Gesundheit – Innovation in gesättigten Märkten
Fritz brachte das Thema Schlaf und Gesundheit in die Runde. Sein Unternehmen entwickelt seit vielen Jahren Schlafsysteme, die das Potenzial haben, Regeneration und Wohlbefinden deutlich zu verbessern. Die Herausforderung zeigte sich bei der Frage: Wie kann man ein solches Produkt in einem Markt positionieren, der als gesättigt gilt und in dem kaum jemand echten Überblick hat? Gemeinsam wurden verschiedene Ideen diskutiert – von Leasingmodellen über flexible Upgrade-Optionen bis hin zu einer Community von Nutzer*innen, die ihre Erfahrungen teilen. Pascal fasste den Kern erfolgreichen Marketings aus seiner Sicht in drei Schritten zusammen:

1. Aufmerksamkeit wecken: Zuallererst muss das Angebot oder Produkt attraktiv wirken, Neugier wecken und Lust machen.
2. Die Story erzählen: Nun braucht es Information und Inspiration, was sein könnte.
3. Menschen einbeziehen und ihnen ermöglichen, Teil der Bewegung oder Besitzer*innen zu werden.

Sichtbarkeit + neue Geschäftsmodelle
Auch Daniel beschäftigt die Frage, wie er mit seinem Reiseportal bekannt werden kann. Sichtbarkeit heisst nicht zwingend Social Media. Christof und Fritz betonten, dass Produkte, die erklärungsbedürftig sind, oft andere Wege brauchen – etwa gezielte SEO-Strategien oder persönliche Netzwerke statt virale Posts. Pascal riet dazu, die Marketingkette in Anlehnung an Harold Laswell ganzheitlich zu betrachten: 

1. Wer sagt 
2. was
3. über welchen Kanal, 
4. wem – und 
5. mit welchem Effekt? 
Sichtbarkeit ist Frage von Wirkung und Relevanz.


Vertrauen, Führung, Selbstorganisation – diese drei Themen durchziehen jede Transformation. Was alle Beispiele der Session verbindet: Veränderung gelingt, wenn Räume geöffnet werden – für Dialog, Verantwortung und Entwicklung. Oder, wie Pascal Dulex es formulierte: 
„Die Organisation entwickelt sich nur, wenn sich die Menschen in ihr entwickeln.“

Podcasts zur Vertiefung

➡️ Bestechende Erfahrungen aus 10 Jahren Holacracy mit Tom van der Lubbe
über Selbstorganisation, geteilte Verantwortung und Vertrauen in dynamischen Strukturen

➡️ Was Unternehmen wirklich in Bewegung bringt mit Pascal Dulex
über Holacracy, Führung und Kulturwandel bei FREITAG

➡️ Arbeit organisieren, nicht Menschen von be-inspired - Innovatives Unternehmertum
über Holacracy - keine Hierarchien, keine Vorgesetzten, volle Transparenz